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Die Tresore füllen sich

- Julian Marx

Weltweit setzen Zentralbanken auf Gold als Wertspeicher. Die Bestände wachsen rasant – und daran dürfte sich auf Sicht wenig ändern.

Für die Deutsche Bundesbank ist Gold keine Modeerscheinung. Nein, das gelbe Edelmetall ist bereits seit vielen Jahrzehnten ein fester Bestandteil der Geldpolitik. 1961 kletterten ihre Goldbestände erstmals über die Marke von 3.000 Tonnen. Seither ist dieses Niveau weitgehend stabil geblieben. Entsprechend gut gefüllt sind die Lagerstellen. Rund 3.361 Tonnen Gold hortet die Bundesbank (Stand: Ende vergangenen Jahres) in den drei Lagerstellen in Frankfurt, New York und London.

Damit verfügt die Bundesbank über den weltweit zweitgrößten Goldbestand unter den Notenbanken und internationalen Finanzorganisationen. Rund 51 Prozent des Goldes lagerte in Frankfurt, knapp 37 Prozent in New York und die verbleibenden 12 Prozent in London.

Die regionale Verteilung der Goldbestände wurde nicht beliebig vorgenommen, sondern orientiert sich an den beiden wichtigsten Funktionen von Goldreserven: der Vertrauensbildung im Inland und der Möglichkeit, innerhalb kürzester Zeit Gold in Fremdwährungen an liquiden Goldhandelsplätzen im Ausland tauschen zu können.

Beide Funktionen dürften aus Sicht zahlreicher Notenbanken in den vergangenen Jahren noch an Bedeutung gewonnen haben. Bislang konzentrieren sich die Währungsreserven der Notenbanken noch immer mehrheitlich auf den „Greenback“.

Klammert man Gold einmal aus, lauteten knapp 58 Prozent der weltweiten Währungsreserven Ende vergangenen Jahres auf US-Dollar. Ganz überraschend ist das natürlich nicht. Beispielsweise wurden im Jahr 2024 etwas mehr als 60 Prozent der Fremdwährungsanleihen und -kredite in US-Dollar begeben. Insofern ist die Dominanz des US-Dollars im internationalen Finanzwesen noch immer allgegenwärtig und sein Status als Weltleitwährung auch nicht unmittelbar gefährdet.

Wachsende Dollar-Skepsis

Nichtsdestotrotz ist das Bestreben nach einer höheren finanziellen Autonomie in vielen Regionen der Welt sehr gut nachvollziehbar. Bereits vor drei Jahren dürfte das Einfrieren russischer Devisenreserven als Reaktion auf den Ukrainekrieg ein Warnsignal für geopolitische Kontrahenten der USA gewesen sein.

Zudem sorgte der von US-Präsident Donald Trump losgetretene und mit einem harschen Ton geführte Handelskonflikt in diesem Jahr für einen nicht unerheblichen Vertrauensverlust in die USA und seine Institutionen. Auch Trumps mehrfach geäußerter Wunsch, Kanada zum 51. Bundesstaat der USA machen zu wollen, schlug in diese Kerbe und sorgte selbst bei langjährigen Verbündeten für Verunsicherung. 

Das nährt Zweifel an der unumstrittenen Führungsrolle der USA und des Dollars. Für einen geopolitischen Kontrahenten wie China dürften derartige Entwicklungen ein gefundenes Fressen sein, um den eigenen Fußabdruck bestmöglich zu vergrößern. In der Folge stieg der Anteil des heimischen Renminbi an der Abwicklung des chinesischen Außenhandels für Waren von 26 Prozent im Jahr 2023 auf 38 Prozent im Jahr 2024.

Das Vertrauen bröckelt

Bislang spiegelt dieser Anstieg vor allem eine stärkere Verwendung des Renminbi für die Abwicklung des russischen Handels mit China wider, der seit der Verhängung von Sanktionen nach der umfassenden Invasion in der Ukraine stark zugenommen hat.

Aber auch an weiteren Zentralbanken sind diese Entwicklungen nicht spurlos vorbeigegangen, wie ein Blick auf die „Central Bank Gold Reserves Survey“ zeigt – eine jährliche Umfrage des World Gold Council (WGC), bei der Notenbankvertreter rund um den Globus befragt werden. So zeichnet die im Juni 2025 veröffentlichte Umfrage das Bild einer wachsenden Dollar-Skepsis (siehe Grafik 1).

Auf die Frage, „Welcher Anteil der Fremdwährungsreserven wird Ihrer Meinung nach in fünf Jahren auf US-Dollar lauten?“, gaben 73 Prozent der Befragten an, dass der US-Dollar-Anteil an den Währungsreserven ihrer Meinung nach sinken wird. 28 Prozent gingen sogar von einem signifikant niedrigeren Anteil des US-Dollars an den Währungsreserven aus, ein Anstieg von 15 Prozentpunkten gegenüber dem Vorjahr. Nur 10 Prozent der befragten Institutionen gingen unterdessen davon aus, dass der US-Dollar in Zukunft einen höheren Anteil an den weltweiten Währungsreserven einnehmen wird. 

Ein "goldenes" Zeitalter

„Des einen Leid ist des anderen Freud“ heißt es regelmäßig im Volksmund. Und während die Beliebtheit des US-Dollars in der jüngeren Vergangenheit augenscheinlich etwas gesunken ist, war die Goldnachfrage in den vergangenen Jahren ungebrochen.

Bereits in den Jahren 2022 bis 2024 lag die weltweite Nettogoldnachfrage der Zentralbanken bei jeweils mehr als 1.000 Tonnen und damit mehr als doppelt so hoch wie im Durchschnitt der 2010er-Jahre. Auch nach vorne schauend deutet einiges darauf hin, dass die Goldnachfrage der Notenbanken nicht über Nacht abebbt. Eher im Gegenteil.  

Wie die jüngste WGC-Umfrage zeigt, dürften geopolitische Unwägbarkeiten ein Treiber dieser Nachfrage bleiben. Denn 77 Prozent der Verwalter offizieller Währungsreserven betrachten die Geopolitik als einen wesentlichen Faktor zur Bestimmung ihrer Portfolios. Das macht weitere Goldkäufe angesichts zahlreicher Krisenherde wahrscheinlich. Stolze 43 Prozent der befragten Institute gaben dann auch an, ihre Goldbestände in den kommenden 12 Monaten weiter aufstocken zu wollen – ein neuer Rekordwert (vgl. Grafik 2). Gleichzeitig rechnet keiner der Befragten mit einem Rückgang seiner Goldreserven. 

Setzt sich der aktuelle Trend fort, scheinen neue Rekorde bei den weltweiten Goldbeständen der Notenbanken und internationalen Finanzorganisationen daher nur noch eine Frage der Zeit zu sein. Das Allzeithoch aus dem Jahr 1965 befindet sich bereits in greifbarer Nähe. Zur damaligen Zeit des „Bretton-Woods-Systems“, als Gold zu einem vordefinierten Kurs gegen US-Dollar eingetauscht werden konnte, summierten sich die Goldbestände der Notenbanken auf etwa 38.000 Tonnen.

Anfang dieses Jahres beliefen sich die offiziellen Goldreserven bereits auf rund 36.300 Tonnen. Damit könnte die 60 Jahre alte Rekordmarke bereits in wenigen Jahren in die Geschichtsbücher verbannt werden und Gold seine Rolle als Reservewährung weiter zementieren. Im Jahr 1965 lag der staatlich fixierte Preis in den USA allerdings noch bei rund 35 Dollar je Unze und hat sich bis heute (in Papiergeld gerechnet) fast verhundertfacht.

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