22.06.2017 -
Warum markiert der Dax ein neues Allzeithoch? Wann steigt der Goldpreis wieder? Und aus welchem Grund explodiert der Wert vieler Kryptowährungen? Die Kapitalmarktstrategen Philipp Vorndran und Thomas Lehr beantworten die wichtigsten Fragen zu den Märkten.
Unseres Erachtens ist die Bewegung in erster Linie stimmungsgetrieben. Eine sogenannte „Erleichterungsrally“. Zu Jahresbeginn haben sich zu viele Investoren auf die „politischen Risiken“ fokussiert und meinten damit in erster Linie die Wahlen in den Niederlanden und Frankreich. Entsprechend skeptisch sah man den europäischen Aktienmarkt. Nun sind diese Wahlen gelaufen und die Furcht der Anleger nimmt ab. Die damit einhergehende Entspannung führt kurzfristig zu Mittelzuflüssen, die europäische Aktien nun beflügeln. Was uns als Investor allerdings sehr viel mehr interessiert, ist die Frage nach den fundamentalen Auswirkungen solcher Wahlen. Und hier stellen wir fest: auf die Gewinne der Unternehmen hat die Wahl von Emmanuel Macron keinen messbaren Effekt.
Nein, das sind sie unserer Einschätzung nach nicht. Und zwar weder absolut noch relativ. Nehmen wir beispielsweise die immer wieder als „teuer“ bezeichneten US-Aktien. Gemessen am US-Aktienindex S&P 500 haben diese derzeit ein Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) von leicht über 17. Nun könnte man sagen, dass dies nicht deutlich über dem historischen Durchschnitt liegt. Ein Blick auf die historische Entwicklung zeigt aber noch etwas anderes: zu Beginn des Jahrhunderts erschienen den Anlegern KGVs über 25 immer noch attraktiv, während Ihnen die Aktien vor 10 Jahren gar nicht billig genug sein konnten.
Offensichtlich kann die Einschätzung, was „teuer“ oder „günstig“ ist, am Markt stark schwanken. Einen Durchschnitt aus diesen schwankenden KGVs zu bilden, und ihn als „faire Bewertung“ zu bezeichnen, wird der Fragestellung daher nicht gerecht. Und schon gar nicht in einem Umfeld, in dem sich die Preise aller anderen Anlageklassen - insbesondere von Anleihen - weit von ihren historischen Durchschnitten entfernt haben. Abgesehen davon haben sich auch die Gewinne der Unternehmen im S&P 500 in den zurückliegenden Quartalen gut entwickelt. Steigende Gewinne machen die Aktien eines Unternehmens attraktiver. Dann können auch die Kurse steigen. Der jüngste Kursanstieg ist also fundamental unterfüttert. Oder anders: die Aktien sind zwar gestiegen, aber nicht sehr viel teurer geworden.
Zunächst einmal sagt doch die Aktienquote alleine kaum etwas aus. Nehmen wir an, Sie vergleichen zwei Portfolios. Portfolio A hat eine Aktienquote von 25 Prozent, die ausschließlich aus volatilen Aktien besteht. Portfolio B ist zu 100 Prozent in Qualitätstiteln mit langfristig sehr viel geringeren Wertschwankungen und stabilen Dividenden investiert. Welches ist riskanter? Alleine mit Blick auf die Quote lässt sich diese Frage nicht beantworten. Ebenso verhält es sich übrigens auch bei Anleihen. Wir sollten also aufhören, bloß auf Quoten von Anlageklassen zu schauen. Vielmehr kommt es doch auf den Inhalt an. Aktuell liegt der Aktienenteil im Portfolio des genannten Fonds bei rund 60 Prozent. Das spiegelt auch eine gewisse Skepsis gegenüber der Anlageklasse Aktien wider. Und die hat zwei Gründe: zum einen sollte die Attraktivität der Aktie nicht darüber hinwegtäuschen, dass es in unseren Systemen - sei es im politischen Staatsschuldensystem, im Notenbanksystem oder im Finanzsystem - immer noch brüchige Strukturen gibt. Angesichts der immer flacher werdenden Zinskurven nehmen unsere Sorgen hinsichtlich der Stabilität mancher Finanzinstitute wieder etwas zu. Zudem ist es unseres Erachtens nicht ganz ausgeschlossen, dass die Wachstumslokomotive China innerhalb der kommenden 12 bis 24 Monate etwas unter ihrem Potential läuft. Auch deswegen ist unsere Ausrichtung innerhalb der Aktienquote zuletzt wieder etwas defensiver geworden.
Unseres Erachtens wird der Goldpreis derzeit vor allem von den Zinserwartungen am Markt und den Bewegungen des US-Dollars getrieben. Seit Jahresanfang stieg der Goldpreis – in US-Dollar gerechnet – um knapp acht Prozent. Auf Euro-Basis nur um zwei Prozent. Die Gold-Position in unseren Multi-Asset-Fonds ist keine Spekulation auf einen in den kommenden Wochen steigenden Goldpreis. Vielmehr ist Gold (direkt oder indirekt) eine Versicherung - gegen die bekannten und unbekannten Risiken in unserem Finanzsystem. Im Moment ist der Markt offensichtlich nicht der Meinung, dass es hier größere Probleme gäbe. Deshalb bleibt der Goldpreis relativ konstant. Wir sind langfristig nicht ganz so optimistisch und fühlen uns mit unserer Versicherung sehr wohl.
Der Wert von Bitcoins hat sich in diesem Jahr zum US-Dollar knapp verdreifacht. Andere Kryptowährungen legten deutlich stärker zu. Als Fondsgesellschaft können wir natürlich nicht direkt in Kryptowährungen investieren. Das Phänomen ist aber aus einem anderen Grund für uns interessant. Wenn die Bürger das Vertrauen in die „Aktie des Staates“, also die Währung verlieren, - dann suchen sie nach Alternativen. Die große Masse der Bürger vertraut zwar weiterhin ihren US-Dollars und Euro. Angesichts der ultraexpansiven Geldpolitik der Notenbanken gibt es aber eine steigende Anzahl von Menschen, die sich nach Alternativen zum klassischen Papiergeld umsehen. Darauf kann unseres Erachtens auch die sprunghafte Preisentwicklung von Kryptowährungen hindeuten. Wir beobachten daher die Entwicklung von Währungen sehr genau, die unabhängig von Staaten und klassischen Notenbanken sind.