14.06.2017 - Norbert F. Tofall

Tut­to fu­mo! Die ita­lie­ni­sche Kri­se und der Eu­ro


Tut­to fu­mo! Die ita­lie­ni­sche Kri­se und der Eu­ro

Während sich einige Volkswirtschaften in Europa erholen, verharrt Italien in der Krise. Die Wirtschaft stagniert, die Banken sind marode und die Staatsverschuldung steigt. Was bedeutet das für Italien – und die Gemeinschaftswährung Euro?

In Italien ist wieder eine Reform gescheitert. Unter Führung von Matteo Renzi, vormals Regierungschef und nun Parteivorsitzender der Demokratischen Partei (PD), sollte das Wahlrecht vereinfacht werden. Ähnlich wie in Deutschland sollte es nun ein Verhältniswahlrecht geben und eine „Fünf-Prozent-Klausel“. Kleinere Parteien sollten so aus dem Parlament ausgeschlossen werden. Der Entwurf scheiterte aber bei einer Abstimmung in der Abgeordnetenkammer des Parlaments.

Das neue Wahlrecht wäre eine Voraussetzung für mögliche vorgezogene Parlamentswahlen gewesen. Bis spätestens Mai 2018 muss in Italien gewählt werden. Staatspräsident Sergio Mattarella erklärte, dass er ohne ein einheitliches Wahlgesetz für Abgeordnetenhaus und Senat die Kammern nicht vorzeitig auflösen würde. Matteo Renzi hatte Neuwahlen im September diesen Jahres angestrebt. Vorgezogene Neuwahlen dürften sich nun wohl erst einmal erledigt haben.  

Die neuerliche Entwicklung zeigt, wie schwer sich Italien mit politischen Reformen tut. Dabei leiden die Menschen seit Jahrzehnten an einem dysfunktionalen politischen und wirtschaftlichen System. Eine konsequent auf Marktwirtschaft, Wettbewerb und liberalen Rechtsstaat ausgerichtete politische Bewegung existiert jedoch nicht. Daran änderte auch Schuldenkrise von Staat und italienischen Banken wenig. Das gilt insbesondere für die populistische Anti-Establishment-Partei „Fünf Sterne“. Mit ihrem Wirtschaftsnationalismus orientiert sie sich sogar noch weniger an Marktwirtschaft und Wettbewerb, als die von ihr lautstark kritisierten angeblichen Eliten.

Marktwirtschaftliche Reformen sind jedoch unerlässlich, denn die volkswirtschaftlichen Daten für Italien sind desaströs.

Seit 1998 stagniert das Bruttoinlandsprodukt. Einen echten Turnaround nach der Finanzkrise im Jahr 2007/2008 (wie etwa in Deutschland) gab es nicht.

Trotzdem steigen die Verbraucherpreise schneller als im wachstumsstarken Deutschland.

Die Arbeitslosigkeit verharrt auf hohem Niveau.

Die mangelnde Wettbewerbsfähigkeit, die marode Wirtschaft und fehlendes Wachstum führen dazu, dass Kredite ausfallen. Das bringt die italienischen Banken in Bedrängnis.

Die Bankenrettung dürfte die Staatsverschuldung weiter erhöhen. Daran können auch die angestrebten Haushaltseinsparungen in Höhe von 3,2 Milliarden Euro wenig ändern.

Nach Griechenland hat Italien den höchsten Schuldenstand aller Euroländer. Die Staatsverschuldung beträgt mehr als 130 Prozent des Bruttoinlandsproduktes (BIP). Nur mit einer expansiven Geldpolitik und Null- und Negativzinsen der Europäischen Zentralbank (EZB) lässt sich dieser Schuldenberg finanzieren. In Italien sind die Ausgaben für die staatlichen Kreditzinsen trotz ständig steigender Staatsverschuldung und desaströser Wirtschaftsdaten sogar gesunken. EZB-Präsident Mario Draghi hat dieses Wunder ermöglicht.

Denn ohne die Niedrigzinspolitik der EZB dürfte es Italien unseres Erachtens sehr schwer fallen in der  Währungsunion zu bleiben. Das Beistandsversprechen von EZB-Präsident Mario Draghi („whatever it takes“) gilt immer noch. Auch deswegen dürfte eine Zinswende, die ihren Namen auch verdient, in der Eurozone wohl ausfallen. Letztendlich droht sogar eine „Liraisierung“ des Euro. Eine schwache Währung – bei steigender Inflation.

Norbert F. Tofall arbeitet als Analyst beim Flossbach von Storch Research Institute.

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