07.05.2018 -
Die Deutschen sehen sich gerne als Sparweltmeister – doch der Titel bringt ihnen keine Trophäe: Sie lassen ihr Geld weitgehend unverzinst auf den Konten liegen. Elmar Peters zeigt Alternativen auf.
Die Deutschen werden weniger. Die Großfamilie hat ausgedient, auch wenn die Geburtenrate, eine statistische Größe zur Entwicklung der Bevölkerung, zuletzt wieder leicht gestiegen ist. Die Deutschen werden zudem älter, was zwar kein Grund zur Klage, sondern sehr erfreulich ist! Aber: Wenig Nachwuchs in Kombination mit einer wachsenden Zahl älterer Menschen belastet die gesetzliche Rentenkasse. Wenn immer weniger Beitragszahler immer mehr Empfängern gegenüberstehen, kommt das System an seine Grenzen. Was nichts anderes bedeutet, als dass sich die Ruheständler von morgen mit deutlich weniger Rente begnügen müssen als die Rentner heute. Wer seine Zukunft ohne finanzielle Sorgen verbringen möchte, sollte ausreichend beiseitegelegt haben.
Das Problem ist: Niemals war es schwieriger, Reserven anzulegen. Die Europäische Zentralbank (EZB) hat den Zins „abgeschafft“. Dass sie ihn schon bald wieder deutlich anheben wird, ist unseres Erachtens wenig wahrscheinlich. Falls doch, hätten einige Eurostaaten ein Problem, ihre Schulden zu bezahlen. Italien beispielsweise, das mit rund 130 Prozent seines Bruttoinlandsprodukts verschuldet ist. Dazu passt, dass die Italiener bei den Parlamentswahlen jüngst ihre Stimmen mehrheitlich eurokritischen Parteien gegeben haben. Die Gefahr, dass sich Italien vom Euro verabschieden könnte, ist also real; eine Drohkulisse, auch für die EZB. Die dürfte alles tun, um Italien die Euro-Mitgliedschaft so angenehm wie möglich zu gestalten. Ein höherer Zins würde gewiss nicht zu den Annehmlichkeiten gehören, die man sich in Rom wünscht.
Für Sparer sind das keine guten Nachrichten. Sie werden schleichend enteignet. Zuletzt betrug die Inflationsrate im Euroraum 1,4 Prozent. Im Gegensatz dazu das Sparbuch, das im Schnitt um die 0,1 Prozent abwirft. Es braucht nicht viel Fantasie, um sich vorzustellen, was in den kommenden Jahren mit dem Guthaben passiert, wenn die Differenz von Inflation und Zinsertrag ähnlich groß bleibt.
Dabei sind die Deutschen Sparweltmeister. Legen deutlich mehr von ihrem verfügbaren Einkommen zurück als etwa Briten oder Amerikaner. Eigentlich ist das gut. Die Deutschen bilden Rücklagen. Für die Zeit nach dem Berufsleben. Die Ausbildung der Kinder. Oder schlicht und einfach, weil sie sich einen Herzenswunsch erfüllen wollen. Eine längere Reise. Das neue Auto, die Küche. Das Problem ist, dass die Deutschen „falsch“ zurücklegen. Das zeigt ein Blick auf die Vermögensverteilung, also wie ihr Geld, insgesamt sage und schreibe fast 5,8 Billionen Euro, investiert ist: Knapp 40 Prozent davon, also rund 2,3 Billionen Euro, liegen auf Giro- oder Sparkonten herum. Mehr oder weniger unverzinst und damit schutzlos der Inflation ausgeliefert! Deutschland, ein Sparweltmeister, der sich in Zukunft immer weniger dafür kaufen kann.
Viele Sparer ahnen, dass ihre Sparbuch-Strategie nicht die beste ist. Sie spüren, dass es vermutlich sinnvoller wäre, sich intensiver mit dem Thema Geldanlage zu beschäftigen, die richtigen Schlüsse zu ziehen. Und tun nichts. Stattdessen warten sie und hoffen darauf, dass der Zins doch irgendwann deutlich zulegen wird. Sie warten, so wie sie das in den vergangenen Jahren auch getan haben. Jeder Zeitungsbericht, in dem von der bevorstehenden Zinswende die Rede ist, nährt die Hoffnung auf bessere Zeiten. Bis die Sparer enttäuscht feststellen müssen, dass die Zinswende mal wieder abgesagt wurde.
Wer sein Geld zeitlebens aufs Sparbuch gepackt hat, wird nicht über Nacht zum Aktionär. Das muss er auch nicht. So wie ein Nichtschwimmer sich nicht direkt ins tiefe Becken stürzen, sondern sich langsam herantasten würde, kann auch ein Sparer erst Erfahrungen sammeln – ohne dabei unterzugehen. Ein erster Schritt in die richtige Richtung. Vom Sparer zum Anleger. Dann wäre schon viel gewonnen. Er könnte sein Geld beispielsweise in ausgewählte Anleihen investieren. Er könnte zudem zumindest einen kleinen Teil seines Vermögens in Aktien investieren. Aktien von erstklassigen Unternehmen, also echte Qualitätstitel. Ein kleiner Teil, um positive Erfahrungen zu sammeln. Ein kleiner Teil, der mit der Zeit wachsen und gedeihen kann. Auch dieser Schritt ist nicht einfach, gewiss, aber er ist machbar.
Welche Alternativen es zu Festgeld und Co. gibt, erfahren Sie in der aktuellen Ausgabe von „Position“ – dem Magazin von Flossbach von Storch. Sichern Sie sich hier Ihr kostenfreies Abonnement.