08.05.2017 -
Die Franzosen haben gewählt. Glücklicherweise Emmanuel Macron und nicht Marine Le Pen. Aber: Gerettet ist der Euro damit nicht. Die Währungsunion hat unseres Erachtens Probleme, die auch der neue Mann im Élysée-Palast kaum lösen kann.
Emmanuel Macron sieht sich als Europäer. Bei seiner Siegesrede wird Beethovens „Ode an die Freude“ gespielt, die Europa-Hymne, erst später die Marseillaise, die Nationalhymne, der Stolz Frankreichs. Ein Referendum, bei dem die Franzosen über einen Ausstieg aus dem Euro entscheiden sollen (so, wie von Macrons Konkurrentin Marine Le Pen vor der Wahl in Aussicht gestellt), wird es gewiss nicht geben. Der Euro ist „gerettet“, mag der ein oder andere jetzt womöglich denken. Ist er das wirklich?
Bei aller Erleichterung über den Wahlsieg Macrons – oder besser: über die Nichtwahl der rechtsextremen Le Pen – sollte das zunächst besser niemand glauben. Die (langfristige) Perspektive des Euro ist unseres Erachtens genauso ungewiss wie vor der Wahl. Und das hat zunächst einmal nichts damit zu tun, wer im Élysée-Palast residiert, sondern zuallererst mit dem Euro selbst.
Die existenziellen Probleme der Eurozone sind mit dem Wahlsieg Macrons nicht verschwunden. Nicht in Griechenland, auch nicht in Italien. Das Problem ist und bleibt unseres Erachtens die Konstruktion des Euro. So lange sehr heterogene, also sehr unterschiedlich leistungsfähige Volkswirtschaften unter dem Dach einer gemeinsamen Währung zusammengepresst werden, ohne dabei eine gemeinsame Finanz- und Wirtschaftspolitik zu haben, ist ihre Gemeinschaft latent bedroht.
Die Konstruktionsfehler sind elementar und lassen sich nachträglich nur sehr schwer reparieren. Für die wirtschaftlich starken Staaten ist der Euro zu schwach und für die schwachen zu stark. Letztere beraubt er um die Möglichkeit, ihre Währung abzuwerten, also letztlich um ihre Wettbewerbsfähigkeit.
Für Griechenland gilt das im Besonderen. Innerhalb des Euroraumes wird seine Wirtschaft wohl nur schwerlich gesunden können. Griechenland dürfte auf Dauer abhängig sein von externen Geldgebern, vor allem dem Beistand der Europäischen Zentralbank (EZB).
Auch für die anderen hochverschuldeten Mitgliedsländer, für Italien beispielsweise, ist der Niedrigzins der EZB überlebensnotwendig. Die Notenbanker sind sich dessen bewusst. Sie werden unseres Erachtens alles dafür tun, um das Zinsniveau noch lange niedrig zu halten, um so die horrenden Staatsschulden langfristig finanzierbar zu halten.
Der damit verbundene Gewöhnungseffekt schwächt die (ohnehin wenig ausgeprägte) Haushaltsdisziplin der Eurostaaten und erhöht die Abhängigkeit vom Niedrigzins. Der „Weg zurück“ zu einer wird so für die EZB immer schwieriger. Die Zinsen müssen daher wohl auch dann niedrig bleiben, wenn die Inflation die von der EZB gewünschte Höhe (zwei Prozent) erreichen sollte; andernfalls wären die hochverschuldeten Staaten und damit der Euro gefährdet. Die EZB wird es sich deshalb nicht erlauben können, in den kommenden Jahren mit steigenden Zinsen zu experimentieren.