09.02.2017 - Philipp Vorndran

Kommt das En­de der ex­pan­si­ven Geld­po­li­tik der EZB?


Kommt das En­de der ex­pan­si­ven Geld­po­li­tik der EZB?

Die Inflation in Deutschland steigt und der zuletzt niedrigere Euro könnte der Wirtschaft Rückenwind geben. Auf eine echte Wende bei der Geldpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) dürften wir dennoch vergebens warten.

Im Dezember hatte der Präsident der Europäischen Zentralbank (EZB) Mario Draghi das Aufkaufprogramm für Staatsanleihen um weitere neun Monate verlängert. Ab April sollen dann statt der bislang 80 Mrd. Euro noch monatlich Anleihen für 60 Mrd. Euro erworben werden. Damit die zusätzlichen 540 Mrd. Euro auch „angelegt“ werden können, wird das Anlageuniversum erweitert, indem die Mindestrestlauzeit der Anleihen von zwei auf ein Jahr reduziert und die Renditeuntergrenze (minus 0,4 Prozent) abgeschafft wurde.

Weil die EZB das monatliche Kaufvolumen insgesamt reduziert hat, hofft manch Investor auf den Anfang vom Ende der lockeren Geldpolitik. Wir halten diese Einschätzung angesichts der enormen politischen Herausforderungen, vor denen die Eurozone steht, für voreilig. Tatsächlich hat sich Mario Draghi ausdrücklich alle Optionen offengehalten, um bei Bedarf nachlegen zu können.

Risikofaktor Populismus

Die politischen Unsicherheiten erschweren die Arbeit der EZB zusätzlich. In den Niederlanden, in Frankreich, Deutschland und möglicherweise in Italien wird in den kommenden Monaten gewählt. Frankreich steht besonders im Fokus. Die Präsidentschaftswahl dort könnte zur Schicksalswahl für den Euro, vielleicht sogar für die EU werden. Marine Le Pen vom rechtsextremen Front National möchte zu einer nationalen Währung zurückkehren und strebt ein Referendum über den Verbleib im Euro an. Sie hat gute Chancen, am 7. Mai die Stichwahl zu erreichen. Nach aktuellen Meinungsumfragen dürfte sie die zwar kaum gewinnen; allerdings könnte ihr vermeintlicher Kontrahent, der Ex-Premierminister François Fillon von der konservativen Opposition, über sein wirtschaftspolitisches Programm stolpern. Der bekennende Margaret-Thatcher-Fan steht für Inhalte, die ihn für die Linken, auf deren Stimmen es in der Stichwahl ankommt, unwählbar macht und zu vielen Enthaltungen führen könnten.

Ein Wahlsieg Le Pens hätte zweifellos gravierendere Auswirkungen als die Wahl Donald Trumps zum US-Präsidenten. José Manuel Barroso, von 2004 bis 2014 Präsident der Europäischen Kommission, sagte jüngst, ein Sieg der Rechtspopulistin sei das sichere Ende der EU.

Angesichts des politischen Umfelds ist die EZB mehr denn je gezwungen, ihre Beistandspolitik für einige Länder der Eurozone fortzusetzen. Deshalb werden auch die zuletzt verbesserte Wirtschaftsstimmung für den Euroraum und der jüngste Inflationsanstieg von den Notenbankern nicht als Erfolg gewertet. Das Inflationsziel von zwei Prozent ist ohnehin nur ein Vorwand für die ultralockere Geldpolitik, die die Staatsfinanzierung der hochverschuldeten Euroländer verbilligen und die Währungsgemeinschaft zusammenhalten soll.

Mario Draghi hat das Schicksal des Euro mit dem eigenen verbunden. Seine Amtszeit endet im Oktober 2019, und bis dahin wird er versuchen, Zeit zu kaufen. Der Aufschrei aus Deutschland über den Anstieg der Inflation (1,7 Prozent im Dezember) und die damit verbundene Enteignung der Sparer kommt da zu einer denkbar ungünstigen Zeit. Während immer mehr Bankvertreter und Volkswirte aus Deutschland eine Rückkehr zu einer „normalen“ Geldpolitik fordern, würde das die Belastbarkeit der hochverschuldeten Eurostaaten überfordern.

Keine nachhaltige Zinswende in Europa in Sicht

Die EZB wird die Zinsen wohl noch lange tief halten, weil sie sie tief halten muss – auch wenn die Inflation in Deutschland über das Inflationsziel von zwei Prozent ansteigt, das für die Eurozone als Ganzes gilt. Der Zielkonflikt, gleichzeitig für Preisstabilität und den Zusammenhalt der Eurozone sorgen zu wollen, wird damit immer deutlicher.

Die Hoffnung auf steigende Zinsen wird unseres Erachtens auch in diesem Jahr enttäuscht werden. 2017 könnte es für die Sparer sogar noch schlimmer kommen, wenn Banken zunehmend Negativzinsen auf Kontoguthaben einführen und sich gleichzeitig die Inflation zurückmeldet. Eine Umfrage der Targobank hat ergeben, dass 77 Prozent der deutschen Sparer momentan nicht wissen, wie sie ihr Geld noch sinnvoll anlegen können, sich aber aus Angst vor Verlusten davor scheuen, ihr Anlageverhalten zu ändern. Angst frisst Ersparnisse auf.

Deutsche Anleger sind auf steigende Inflationsraten und dauerhaft niedrige Zinsen denkbar schlecht vorbereitet. Das gilt für Privatanleger, aber auch für viele institutionelle Investoren, die einseitig auf niedrig verzinste Anlagen setzen (müssen) und damit langfristig nicht nur erhebliche Renditeeinbußen, sondern auch eine schleichende Enteignung ihres Vermögens akzeptieren.

Schon jetzt zählen deutsche Anleger mit einem Nettogeldvermögen von 47.700 Euro pro Person eher zu den ärmeren der entwickelten Welt. Ein wesentlicher Grund für das im Verhältnis zur Wirtschaftsleistung geringe Geldvermögen deutscher Haushalte ist die von uns schon mehrfach beschriebene, scheinbar kulturell bedingte Abneigung gegen Aktien. Selbst Anteile an den besten Unternehmen der Welt gelten vielen als unsicher und als reine Spekulationsobjekte.

Dabei sind Aktien, wie die Vergangenheit zeigt, über einen längeren Zeitraum nicht nur ertragreicher als Festzinsanlagen, sondern in einer Welt ohne Zins schlicht notwendig, um das Vermögen langfristig real, also nach Abzug der Inflation, zu erhalten. Das gilt schon dann, wenn die Inflation nur in homöopathischen Dosen zurückkehrt.

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