29.01.2018 -
Sicherheit ist vielen Sparern besonders wichtig. Deshalb lassen sie ihr Geld auf Zinskonten – selbst wenn die kaum noch Rendite abwerfen. Lässt sich der Wert des Vermögens so wirklich erhalten?
Geldentwertung? Viele dürften schon fast vergessen haben, dass Preise deutlich steigen können. Im vergangenen Jahr stiegen die Verbraucherpreise lediglich um 1,8 Prozent. Alles gut, denkt da so mancher Sparer: Schließlich liegt die Inflation damit immer noch unter dem offiziellen Inflationsziel der Europäischen Zentralbank (EZB) von zwei Prozent, bei dem laut EZB-Definition Preisstabilität herrschen.
Aber: Laut statistischem Bundesamt ist der höchste Anstieg auf 1,8 Prozent der höchste Inflationsanstieg seit fünf Jahren. Im Jahr 2016 lag die Preissteigerung noch bei 0,5 Prozent, 2015 bei 0,3 Prozent. Und weil selbst die geringe Inflationsrate immer noch höher ist als der Zins auf das Sparbuch, verlieren die Sparguthaben jedes Jahr an Kaufkraft, der reale Vermögenswert sinkt.
Für Sparer hat der kleine Unterschied zwischen nominalem Wert auf dem Sparbuch und dem realen Wert des Geldes an der Ladenkasse dramatische Auswirkungen. Das zeigt eine schnelle Rechnung. Wer 10.000 Euro zu einem Zins von 0,2 Prozent pro Jahr anlegt, besitzt nach fünf Jahren 10.100,40 Euro. Nominal steigt das Vermögen. Real, also unter Einberechnung einer Inflation von 1,8 Prozent, sinkt der Wert des Vermögens deutlich. Die Einlage hätte trotz der jährlichen Zinsgutschrift nur noch eine Kaufkraft von 9.225,20 Euro.
Was diese Rechnung noch gar nicht berücksichtigt: In den vergangenen Jahren sind die Preise für Vermögenswerte wie Immobilien deutlich stärker gestiegen als die Preise für Dinge des alltäglichen Bedarfs. Das bedeutet: Je länger Sparer ihren Zinskonten treu bleiben, desto schwerer fällt es ihnen, sich später einmal ein Haus oder eine Wohnung zu kaufen. Denn dafür braucht es auch möglichst viel Eigenkapital und lässt sich mit real negativen Wertentwicklungen nur schwerlich ansparen.
Wie stark der Anstieg bei Vermögenswerten zuletzt war, zeigt das Flossbach von Storch Research Institute mit seinem Vermögenspreisindex: Im dritten Quartal 2017 verteuerten sich Vermögenswerte um 8,7 Prozent zum Vorjahr. Die Preise für Immobilien stiegen um 7,7 Prozent zum Vorjahr, für ein beispielhaftes Aktiendepot um 13 Prozent.
Dabei ist die Inflationsrate aus dem Blickwinkel europäischer Notenbanker noch immer viel zu niedrig. Das erklärte Ziel der Europäischen Zentralbank (EZB) ist eine Preissteigerung von zwei Prozent p.a. – das gilt offiziell noch als Preisstabilität. Bis dieses Ziel erreicht ist, geht die EZB weiter gegen zu wenig Inflation vor. Mit einem Leitzins von 0,0 Prozent und einem „Strafzins“ von minus 0,4 Prozent für Bankeinlagen, beispielsweise.
Warum Notenbanker eine Inflationsrate von zwei Prozent als Preisstabilität bezeichnen, Preissteigerungen von einem Prozent oder null Prozent dagegen nicht – das dürfte sich dem gesundem Menschenverstand auch nach umfassender ökonomischer Aufklärung aus unserer Sicht wohl kaum erschließen.
Und was würde passieren, wenn die Inflation auf einmal wider Erwarten trotzdem stark anzieht? Signifikant positive Realrenditen dürften von den Notenbanken weiterhin unerwünscht sein – und wohl bekämpft werden. Das hat einen Grund. Bei einem deutlichen Anstieg des Zinsniveaus würden die hoch verschuldeten Volkswirtschaften in der Eurozone nach unserer Einschätzung irgendwann unter der Zinslast für ihre Verbindlichkeiten zusammenbrechen. Dann stünde der Euro zur Disposition – und das möchte die EZB verhindern – „um jeden Preis“, wie es EZB-Präsident Mario Draghi ausgedrückt hat.
Im schlimmsten Fall kann unseres Erachtens sogar eine finanzielle Repression drohen – die strategisch geplante Entschuldung von Staaten, bei dem der Wertverlust der Vermögen der Sparer in Kauf genommen würde. Das wären keine guten Aussichten für deutsche Sparfüchse.