23.07.2018 -
Der Handelskonflikt zeigt erste Wirkung. In China schwächeln Währung und Aktien. Auch in Deutschland sind viele Finanzprofis nervös. Ein Plädoyer für langfristiges Investieren.
Wie schädlich ein von den USA ausgelöster Handelskrieg für die Finanzmärkte der Welt sein kann – das zeigt sich aktuell vor allem in China. Obwohl die bisher erlassenen US-Zölle von 50 Milliarden US-Dollar nur knapp zwei Prozent der weltweiten Warenexporte Chinas in Höhe von 2,26 Billionen US-Dollar ausmachen, spiegeln die Börsen bereits die Ängste vieler Anleger.
So verlor die Landeswährung Yuan nach einem starken Jahresstart in den vergangenen Wochen nicht nur zum starken US-Dollar. Selbst im Vergleich zu einem handelsgewichteten Währungskorb („CFETS Renminbi Index“), der die weltweiten Wirtschaftsbeziehungen des Landes widerspiegelt, wertete die chinesische Währung in den vergangenen Wochen in der Spitze um gut drei Prozent ab. Sicher ist der schwache Yuan auch ein Signal der chinesischen Regierung an Donald Trump: „Sollte der Handelskonflikt eskalieren, stehen wir nicht wehrlos da. Sobald die Zölle steigen, lassen wir einfach den Wert unserer Währung sinken“. Einerseits. Andererseits ist der schwächere Yuan auch ein Zeichen dafür, dass es in Chinas Ökonomie – trotz Wachstumsraten von knapp unter sieben Prozent – zuletzt nicht ganz so rund lief. Der Handelsüberschuss im ersten Halbjahr fällt das dritte Jahr in Folge. Die Einzelhandelsumsätze wuchsen im Mai so schwach wie seit dem Jahr 2003 nicht mehr.
Eine Eskalation des Handelskonfliktes würde nicht nur direkt auf die Exporte und Investitionen im Land auswirken, sondern hausgemachte Probleme aufdecken. Während in Europa vor allem die hohe Staatsverschuldung immer weiter steigen dürfte, könnte in China wohl auch der Immobilienmarkt leiden. Neben der Entwicklung der Devisenreserven ist der Zustand des Immobiliensektors der wohl wichtigste Indikator für die Stabilität des Landes. Die Bevölkerung investiert im großen Stil in Immobilien, die Banken vergeben Kredite. Um das Platzen der Kreditblase zu verhindern, wollte die Regierung die Risiken in dem Segment zuletzt runterfahren. Der Aktienindex „CSI 300 Real Estate“, der Titel von Unternehmen aus dem chinesischen Immobiliensektor abbildet, verlor seit Jahresbeginn in der Spitze gut 30 Prozent.
Auch in Deutschland wuchs zuletzt die Verunsicherung über einen möglichen Handelskonflikt. Darauf deutet beispielsweise unser FvS Investment Sentiment Index hin, der zuletzt auf den tiefsten Stand seit Auflage Anfang vergangenen Jahres fiel. Flossbach von Storch befragt regelmäßig mehr als 1.200 Investoren und Finanzberater, welche Aktienquote sie für die nächsten 12 Monate empfehlen. Mit durchschnittlich 57 Prozent Aktienquote mögen die Antworten auf den ersten Blick noch recht hoch erscheinen. Anfang des Jahres lag die Aktienquote jedoch noch gut vier Prozentpunkte höher.
Angesichts der Aktienindizes, die nahe ihrer Allzeithochs notieren, und der zunehmenden Unsicherheiten stellen sich Anleger offenbar zunehmend die Frage, ob die Anlageklasse Aktien unter Druck geraten könnte. In der Tat muss der Markt die Kursanstiege der vergangenen Jahre nun wohl erst einmal verdauen. Das zeigt sich seit Anfang des Jahres etwa in einem „Sägezahnmarkt“ an den europäischen und US-amerikanischen Börsen, einem Umfeld, in den Rücksetzern regelmäßig Aufholjagden folgten.
Das stete Comeback der Indizes – trotz Handelskonflikt und Italien-Wahl – kam aber nicht von ungefähr. Denn die Erträge der Unternehmen wachsen. In den USA dürften die Gewinne der im Aktienindex S&P 500 gelisteten Unternehmen in diesem Jahr um gut 20 Prozent steigen – zumindest wenn die Prognosen in den Geschäftsberichten eintreffen.
Wenn die Gewinne eines Unternehmens steigen, dann wird die Aktie günstiger. Seit Jahresbeginn sanken die Bewertungen der im weltweiten Aktienindex MSCI Welt gelisteten Unternehmen um gut zehn Prozent – mit Blick auf das Kurs-Gewinn-Verhältnisses (KGV) auf Basis der für die in den kommenden 12 Monaten erwarteten Gewinne der Unternehmen. Damit ist die Bewertung ungefähr so hoch wie noch vor vier Jahren – und weit entfernt von den Allzeithochs Ende der neunziger Jahre. Im historischen Kontext scheinen Aktien damit nicht teuer. Im Falle einer globalen Rezession und sinkender Unternehmensgewinne wären die aktuellen Bewertungen natürlich hinfällig. Danach sieht es aber unseres Erachtens aber wohl eher nicht aus.
Aus unserer Sicht macht es ohnehin nur wenig Sinn, sich als langfristiger Anleger zyklisch nach möglichen fundamentalen Risiken zu richten. Je nach Nachrichtenlage hektisch ein- und auszusteigen. Oder deshalb pauschal den Aktienbestand zu reduzieren. Niemand kann den möglichen Schaden des Handelskonfliktes beziffern. Unsere Portfoliomanager investieren deshalb auch nicht in „den Aktienmarkt“, sondern in ausgewählte Qualitätsunternehmen.
Dabei stellen wir uns immer die Frage, welche möglichen Risiken für jedes einzelne Investment bestehen. In den nächsten drei, fünf oder zehn Jahren. Bei einem global aufgestellten Autohersteller würden wir uns mit Blick auf den Handelskonflikt wohl fragen, wie hoch die Belastung tatsächlich ausfallen würde. In welchen Regionen die Wagen verkauft werden. Ob Verlagerungen der Produktionsstandorte kostengünstig möglich sind – und Zollsenkungen für Autoimporte nach China Mehrkosten in den USA kompensieren können. Ob mögliche Risiken nicht schon längst in den Aktienkurs eingepreist werden.
Wer in Aktien investiert muss mit Kursschwankungen rechnen. Gut geführte Unternehmen mit einem starken Schutzwall gegen die Konkurrenz und solide Bilanzen können auch in schwierigen Zeiten nachhaltige Erträge erwirtschaften. Qualität bietet zwar keinen Schutz vor temporären Kursrückschlägen. Aber die Gewähr, dass es danach wieder bergauf geht.
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